Die Entwicklung der Grundwasserstände in Berlin

Ein Thema, dass momentan viel und ausgiebig vor allem in den lokalen Medien besprochen wird, ist die Entwicklung der Grundwasserstände Berlins.

Der Grund für den Anstieg des Grundwassers ist nicht etwa der menschliche Einfluss in den Wasserkreislauf, sondern das genaue Gegenteil. Der Grundwasserspiegel Berlins ist grob geschätzt seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein künstlicher. Die beginnende Industrialisierung führte zu eine erhebliche Zustrom an Menschen, zu einem starken Anstieg der industriellen Produktion und zu einer wachsenden Bautätigkeit, alles verbunden mit hohem Wasserverbrauch-gespeist aus Grundwasser.

Stark sinkende Wasserverbräuche durch den Rückgang der Industriellen Produktion, sparsamere Geräte etc. und ein allgemein bewussterer Umgang mit Wasser führen seither dazu, dass die Förderung stark sinkt und sich der Grundwasserstand an seine natürlich vorgegebene Höhe annähert. Aus technischen Gründen können nicht alle Grundwasserförderstellen ihre Fördermenge drosseln, sondern es kommt zum Abschalten einzelner Betriebe. In diesen Bereichen ist der Anstieg des Grundwassers besonders stark.

 

In einer Studie der KWS Geotechnik GmbH wird die Problematik für Immobilienbesitzer verdeutlicht. Als betroffen werden hier Gebiete von Spandau, Mitte, Köpenick und Reinickendorf genannt.

Die Studie beschreibt ein Szenario, bei dem im Extremfall in 55% des Spreetals „siedlungsunverträgliche Grundwasserstände“ herrschen. Hierzu sind einige Anmerkungen nötig.

Der Begriff „siedlungsunverträglicher Grundwasserstand“ bezeichnet hier einen Grundwasserstand von weniger als 2,5m Tiefe bezogen auf die Geländeoberfläche. Dieser Grundwasserstand kann für bestehende Immobilien aus 2 Gründen problematisch oder sogar gefährlich werden:

  1. Es kann zu Wassereintritten im Kellerbereich führen.
  2. Gebäude können aufschwimmen.

Beide Szenarios können nur dann eintreten, wenn der Grundwasserstand die Gebäudesohle erreicht oder überschreitet.

Diese Bedingungen treffen bei weitem nicht auf alle Gebäude zu, und geplante Neubauten können entsprechend ausgelegt werden. Von einem siedlungsunverträglichen Grundwasserstand zu reden ist in diesem Fall irreführend.

 

Als Lösungsansätze schlägt die Studie vor:

  1. die Fördermenge von Grundwasser künstlich zu erhöhen. (Ein Vorschlag zur Nutzung dieser Wässer wird nicht gemacht), und
  2. den oberflächlichen Abfluss von Wässern zu erhöhen, sowie
  3. Versickerungsflächen zu versiegeln.

 

Mit Blick auf den drohenden Klimawandel (siehe letzter Blogeintrag), der langfristig zu einem sinkenden Grundwasserspiegel und Trockenperioden führen kann, sind die gemachten Vorschläge nicht zeitgemäß. Grundwasser ist ein wertvolles Gut und sollte unbedingt im Nahbereich durch Versickern wieder neu gebildet werden können. Die Stadt Berlin erzeugt über 90% ihres Trinkwassers innerhalb der Stadtgrenzen und ist auf eine Versickerung angewiesen. „Regenwasser soll weniger über versiegelte Flächen in die Kanalisation oder in die Oberflächengewässer eingeleitet werden, sondern versickern.“ heißt es auch im aktuellen Koalitionsvertrag der regierenden Parteien unter Absatz 8 (Siedlungsverträgliche Grundwassersteuerung und Regenwassermanagement).

 

Die Verringerung der versiegelten Fläche kann gerade im innerstädtischen Bereich das Bioklima deutlich verbessern und damit den Wohlfühlfaktor der Stadt erhöhen.  Zudem erhöhen versiegelte Flächen die Hochwasser- und Überflutungsgefahr deutlich.

 

Die geförderte (Wieder)Absenkung des Grundwassers kostet Energie und macht abhängig von technischen Anlagen, würde die Probleme allerdings am schnellsten lösen. In der Grundwassersteuerungsverordnung (GruWaSteuV) §3, Absatz 3 heißt es „Die Anlagen zur Förderung und zur künstlichen Grundwasseranreicherung sind zur Steuerung der Grundwasserstände entsprechend einzusetzen.“ Demnach müsste die Absenkung des Grundwassers im betroffenen Bereich bereits geschehen. Die Verordnung wird allerdings gerade überarbeitet.

 

Zuverlässiger wäre es, betroffene Gebäude dauerhaft nachträglich abzudichten, und/oder im Boden zu verankern oder deren Gewicht zu erhöhen. Bei Neubauten in den betroffenen Stadtgebieten sollte grundsätzlich eine mögliche Erhöhung der Grundwasserstände einkalkuliert werden. Die Stadt Berlin hat zu diesem Zeck den zeGW (zu erwartenden Grundwasserspiegel) entwickelt, der von Ihrem Bodengutachter selbstverständlich abgefragt werden kann.

 

Das Problem des steigenden Grundwasserstandes in Berlin wird uns noch lange beschäftigen. Bauplaner sollten diese Entwicklung im Hinterkopf behalten. Bei Bedarf kümmere ich mich gerne um die nötigen Formalitäten.

 

Ihr

Achim Reiprich

Bodengutachter für Berlin und Brandenburg